Das Volkstrautonium

Eine Erfindung aus dem Jahr 1930

Trautonium

Restauration des Telefunken T42

Trautonium

Hier das Trautonium im Ursprungszustand ohne Röhren mit defekten Potis und Drehkondensatoren. Um eine Liste aller Bauteile erstellen zu können befreite ich das Trautonium zunächst einmal von Staub und Rost. So langsam konnte man unter der 76 Jahre alten Patina die ein oder andere Typenbezeichnung der Bauteile erkennen. Nicht alle Bezeichnungen stimmten mit den Messwerten überein, so das sich bereits jetzt mehrere defekte Bauteile herauskristallisierten. So z.B. die beiden Drehkondensatoren, ein 2K Ohm 10W Drahtpoti und ein Kohle- Druckwiderstand. Da es sich bei den original Bauteilen größtenteils um nicht mehr zu beschaffende Unikate handelte, bestand keine Möglichkeit diese zu ersetzen. Also musste ich das Innenleben dieser Bauteile restaurieren. Die Drehkondensatoren ließen sich recht komfortabel an den 4 Nietstellen öffnen und restaurieren. Etwas komplizierter wurde es mit dem Kohle-Druckwiderstand. Nach 76 Jahren war der Kohlestaub bereits zu einem spröden Diamantplättchen mutiert. An Ersatz heranzukommen war nicht zu denken, also verwendete ich als Grundmaterial ein Stück leitfähiges Moosgummi, wie es zur Aufbewahrung von CMOS-Bauteilen verwendet wird.

Trautonium

Ich stanzte fein säuberlich eine kreisrunde Scheibe heraus und setzte sie in das Gehäuse des Kohle-Druckwiderstands ein. Das messtechnische Ergebnis war überzeugend.

Nachdem nun alle Bauteile erfasst, und alle offensichtlich defekten Bauteile restauriert waren musste ein Schaltplan her. Im Internet fand ich zumindest das Prinzipschaltbild welches jedoch mit diesem real existierenden Modell nicht viel gemeinsam hatte. Ich musste also die komplette Schaltung zunächst von Hand aus dem Trautonium auf Papier übertragen. Zugegeben, nicht gerade übersichtlich.

Trautonium scrawly schematic

Anschließend habe ich von diesem Picasso eine brauchbare Zeichnung angefertigt mit der ich gut arbeiten konnte.

Trautonium schematic

Im Laufe der Restauration kamen immer wieder Ungereimtheiten auf, welche darauf schließen ließen, das in der Vergangenheit bereits mehrere Reparaturversuche unternommen wurden. Da ich das mir anvertraute Gerät nicht modifizieren, sondern restaurieren wollte, musste ich zunächst alle fehlerhaften Modifikationen in einen nachvollziehbaren Originalzustand zurückverwandeln.

Ausnahmen bestätigen die Regel!

Anoden KRAFTWERK

Natürlich macht es heutzutage keinen Sinn mehr ein Trautonium mit einer Anodenbatterie zu betreiben. Abgesehen davon, das solche Batterien nicht mehr zu beschaffen sind, und selbst wenn, wären sie mit Sicherheit nicht mehr funktionstüchtig. Es musste also Ersatz her. Da das Gerät ohnehin mit 220V AC versorgt wurde um den Trafo für die Heizspannung zu versorgen, konstruierte ich ein galvanisch getrenntes, Gleichspannungs-Netzteil für die +150V Anodenspannung und die -20V Gitterspannung der Röhren, im Anodenbatterie-design.

Trautonium Anoden KRAFTWERK


Ja die Röhren, wo bekommt man heutzutage noch solche alten Röhren? Google ... Die Verstärkerröhre bekam ich tatsächlich über Ebay. Nach mehrfachen Versuchen eine wirklich brauchbare Volksempfänger Röhre zu bekommen hatte ich dann endlich Glück. Von insgesamt 15 Röhren die sich mittlerweile angesammelt hatten war tatsächlich eine Röhre dabei die Ihren Job mit Bravour verrichtete.

Tongenerator:

Was ist das eigentlich für eine Röhre die den guten Ton macht? Telefunken RK1, da streiten sich die Gelehrten. Auf der Suche nach einer original RK1 Telefunkenröhre stößt man immer wieder auf Widersprüche. Ist es eine Gleichrichterröhre, ein Thyratron oder eine Kippröhre? Niemand kann hier wirklich sachdienliche Hinweise liefern. Eins steht fest! Das Trautonium der "Neuzeit" welches von Oskar Sala gespielt wurde hatte als Tongenerator eine AC50 Thyratron Röhre. Das mir anvertraute Volkstrautonium BJ. 1933 leider noch nicht. Abgesehen davon, das die Röhren ohnehin fehlten und nicht mehr zu beschaffen waren, machte ich zunächst einen externen Versuchsaufbau. Da der Generator des Volkstrautoniums dem späteren Mixtur-Trautonium-Oszillator ähnelte, wollte ich es mit einer AC50 Röhre versuchen. Woher nehmen? Wieder auf der Suche im www, google, ebay ... und was nicht noch alles. Bingo! kaum zu bezahlen, aber was soll 's, also her damit! Eine original AC50 "jüngeren Datums" 1936, wie versprochen in exzellentem Zustand. Wehrmachtseigentum. Kann ich daran eigentlich Eigentum erwerben? ... Egal, ran an die Arbeit Der Sockel dieser Röhre ist natürlich ein ganz anderer. Wie schon gesagt, Modifikation des Trautoniums kommt nicht in Betracht. Also muss ein Adapter angefertigt werden. Zum Glück habe ich ja noch 14 Verstärkerröhren die für den Einsatz im Trautonium meinem Qualitätsstandard nicht gerecht wurden. Also in einen Lappen gewickelt und kurz entschlossen, Bum, Bum, Bum mit dem Hammer drauf und ausgeschüttelt. Glas in den Müll und Sockel fein säuberlich für die Konstruktion eines Adapters freigestellt. Eine Röhrenfassung für die AC50 hatte ich mir bereits teuer erkauft. Alles passt beispielhaft mechanisch zusammen. Alle erforderlichen Bauteile und Verdrahtungen des Adapters passen gut in den neu gewonnenen Röhrensockel.

Trautonium valve adapter RK1/AC50

Anschließend nach Datenblatt der AC50 die erforderlichen Bauteile im Röhrensockel untergebracht und die Versuchsschaltung absolviert ihre Testreihe mit Bravour. Das Ergebnis kann sich sehen und hören lassen.

Die Trautonium Saite

Die unmöglich zu beschaffende Widerstandssaite, Quasi das Manual des Trautoniums, war leider gerissen und notdürftig geflickt. Laut Internetrecherchen handelte es sich damals um einen mit Widerstandsdraht umwickelten Nylon-Kern, was natürlich Nonsens ist, denn 1933 gab es noch kein Nylon. Hierzu ein Wikipedia Zitat:

Nylon (Polyhexamethylenadipinsäureamid) wurde am 28. Februar 1935 von Dr. Wallace Hume Carothers bei E.I. du Pont de Nemours in Wilmington (Delaware, USA) patentiert. Es kam erst 1938 in den Handel.

Wie also sollte Das Volkstrautonium BJ. 1933 mit einer Widerstandsdraht umwickelten Nylonsaite ausgestattet sein? Wie dem auch sei, der Nylonkern war gar keine schlechte Idee. Also habe ich zunächst einmal alle möglichen Saiten nach ihrem Widerstand durchgemessen. Ohne Erfolg. Alle verfügbaren Saiten hatten ca. 0,x Ohm/Meter. Ich brauchte aber min. 1 kOhm/Meter Saite. Also nahm ich Kontakt mit einem Bekannten auf, von dem ich wusste, das er für seine Fretless Telecaster spezielle Saiten wickeln ließ, die im Handel nicht erhältlich sind. Er war äußerst hilfsbereit und kontaktierte diesbezüglich seine Manufaktur. Daraufhin kam ein interessanter und hilfreicher Kontakt zu Stande. Ein überwindbares Problem war z.B. die Mindestabnahme von 100kg des ultra feinen Widerstandsdrahts zur Umwicklung der Nylonsaite. Nach mehreren experimentellen Versuchen bekam ich dann tatsächlich die endgültige Widerstandssaite die den exakten Spezifikationen der originalen Trautoniumsaite entspricht.

Trautonium resistor string

Man kann sich denken, das diese Saite nicht gerade günstig zu haben war, aber was soll 's, nun läuft das Volkstrautonium wieder einwandfrei. Ich kann mir kaum vorstellen, das es auf dieser Welt noch ein Volkstrautonium in diesem 1A Zustand gibt. Weder im Berliner Museum, noch sonst irgend wo. Bitte haben Sie Verständnis, das der Auftraggeber meines Trautonium-Projekts anonym bleiben möchte. Also bitte keine Anfragen diesbezüglich. Ansonsten helfe ich gern.